[2019]

VikyNiky, ein Säulenkreis für Europa!!!

Rafael von Urslar

Auf einer größeren Rasenfläche auf dem Alten Friedhof steht der aus rotem Sandstein gefertigte Sockel des ehemaligen Offenbacher Kriegerdenkmals. Im Sommer 2019 liegt vor ihm eine, vom Düsseldorfer Künstler Martin Pfeifle geschaffene Metallskulptur im Gras. Sie ist aus verzinktem Stahl gefertigt und schimmert matt grau im Sonnenlicht. Bei einer ersten Betrachtung würde man wohl von einem großen Metallring sprechen, um dann sogleich einschränkend bemerken zu müssen, dass so ziemlich alles an dieser Skulptur eckig ist. VikyNiky, so ihr Titel, ist ein Polygon, also ein vieleckiges Gebilde, in dem all seine Ecken, so lange gestuft werden, das am Ende die Form eines Ringes visuell plausibel erscheint. Der Ring jedoch ist in Wahrheit ein großes Zwölfeck von neun Metern Durchmesser, der sich wiederum aus zwölf Modulen zusammensetzt. Auch diese sind in ihrem Durchmesser von siebenundvierzig Zentimetern als Zwölfecke gestaltet und an beiden Enden mit zwei aufeinander zulaufenden Diagonalen in einem Winkel von fünfzehn Grad angeschnitten. All dies schließlich erlaubt, so viel Eckiges ins Runde zu bringen. An ihren Schnittstellen sind die Module geschlossen bis auf eine Bohrung im Zentrum, die eine Verschraubung der Elemente untereinander möglich macht und die entschiedene Geschlossenheit der Ringform befördert. 

 

Zwölf goldene Sterne im Kreisrund formen auf ultramrinblauem Grund die 1955 vom Europarat eingeführte Flagge, die seit 1986 von allen Institutionen der europäischen Gemeinschaft übernommen wurde und als das Symbol der Europäischen Union gilt. Dabei steht die Anzahl der Sterne für eine numerische Vorstellung von Vollkommenheit ein und bedeutete einen für die Gemeinschaft typischen Kompromiss. Die Zwölf als Zahl dabei ist unabhängig davon, wie viele Mitgliedstaaten der EU angehören. Die Anzahl der Module von VikyNiky, der Umstand, dass sie sich zu einem Kreis formen lassen, stellt also einen unmittelbaren, abbildhaften Zusammenhang her mit dem ikonischen Emblem der EU.    

 

Auch wenn VikyNiky in dieser überzeugenden Rundform ihren ersten Auftritt hat, bietet sie darüber hinaus, eine beträchtliche Vielfalt verschiedenster Installationsmöglichkeiten, was die Photostrecke dieser Publikation unter Beweis zu stellen vermag. Denn, in erster Linie ist VikyNiky im Jahr 2019 die Summe von zwölf polygonalen Modulen. Wie diese jeweils zusammenfinden, das ist eine Geschichte vielfältiger Möglichkeiten, zahlreicher Erzählungen, unterschiedlicher kultureller Narrative und vor allem ein Spielfeld für Innovationsfreude. Das macht Sinn, denn VikyNiky handelt von Europa, ist ein Plädoyer für dessen historische Errungenschaften, seine garantierten Freiheiten und Stärken, für das große Potential dieses einzigartigen Einigungs- und Friedensprojektes auf dem europäischen Kontinent. 

 

Neben den schier unendlichen Variationsmöglichkeiten in der Installation der Module, treten zwei Grundformen klar in den Vordergrund. Fügt man alle Module in jeweils gegeneinander versetzter Ausrichtung zusammen, so entsteht ein einheitlicher, langgestreckter neun Meter langer Körper in Form eines Rundpfeilers. Da die Seiten der Polygone in ihrer Anlage an eine Übersetzung von Kannelierungen in eine konvexe Form erinnern, wird das Bild einer klassischen Säule heraufbeschworen. Diese tritt damit als Grundform neben den Ring.

 

Und so ist es wenig erstaunlich, dass neben dem Sternenkreisrund der europäischen Flagge, auch eine zwölfteilige Säule im Kontext von VikyNiky eine wichtige Rolle spielt. Schließlich handelt es sich bei dem Offenbacher Kriegerdenkmal um eine Memorialskulptur, die dem Vorbild des Säulenmonuments folgt, auch, wenn in Offenbach offensichtlich an der Säule gespart wurde.[1] Die Frage nach den kunsthistorischen Vorbildern brachte die Nike des Paionios ins Spiel, die der griechische Bildhauer Painoios von Mende 420 vor Christus für den Hain von Olympia schuf.[2] Und auch, wenn hier wohl tatsächlich die Nike von Samorthrake, 190 vor Christus, den wichtigeren Einfluss genommen hatte, so war es schließlich doch die ältere der beiden Niken, die zur wesentlich sinnstiftenden Inspiration für VikyNiky werden sollte.[3]

 

Die Nike des Paionios von Mende

1875 wurden in einer Grabung unter deutscher Leitung im historischen Hain von Olympia mehrere Einzelteile der Nike des griechischen Bildhauers Paionios von Mende gefunden. Die anlässlich EINES Sieges über die Spartaner von den mit Athen im Attischen Seebund verbündeten Messeniern und Naupaktiem gestiftete Skulptur stellt eine kunsthistorische Besonderheit dar. Dank mehrerer Inschriften im Sockelbereich lässt sich diese Nike als Symbol eines militärischen Sieges mit einem bestimmten historischen Ereignis in Verbindung bringen. Darüber hinaus bietet ihre Inszenierung eine spannende Dramaturgie eines politisch motivierten künstlerischen „upstaging“. All dies prädestiniert dieses Denkmal zweifelsohne zum idealen Vorbild für die nationale Propaganda des 1871auf der Grundlage EINES militärischen Sieges über Frankreich neu gegründeten Deutschen Reiches!

 

Nike schwebt herab mit ausgebreiteten Flügeln und einem vom Wind aufgeblasenem Gewand, dass sie mit beiden Händen im Zaum hält, das linke Bein im Schrittmotiv vorangestellt.[4] Ihr anvisierter Landeplatz ist eine der Tempelarchitektur vorgelagerte Säule von ungewöhnlicher Form. Zur Landung jedoch soll es nie kommen, ihre Füße, so verlangt es die Dramaturgie dieses Denkmals, berühren die Säule nie. Zwischen ihnen und der Säulenoberfläche gibt es einen vermeintlich luftigen Abstand, was ein, diesen Luftraum durchkreuzender Adler betont. Diese Illusion ist einer von mehreren höchst ausgeklügelten Inszenierungseffekten. Der acht Meter fünfzig hohe Pfeiler besteht aus zwölf sich nach oben hin verjüngenden Blöcken.[5] Als Dreieck gestaltet hat dieser eine Ansichtsseite, und auf die hin ist die Skulptur ausgerichtet. Die sich dahinter verjüngenden Schenkel verbergen den Eindruck baulichen Volumens. Eine solchermaßen aufwändig geschaffene Illusion von Flächigkeit enthebt den Sockel seiner Umgebung aus gebauter Architektur und appliziertem Figurenschmuck. Indem er seine Dreidimensionalität eingebüßt zu haben scheint, gewinnt er Bildcharakter. Die davon ausgehende Irritation weist ihn jenseits jeder Funktionalität als Anschauungsgegenstand aus. Dies wiederum unterstützt den scheinbar auf Schwerelosigkeit beruhenden Schwebezustand der Nike. Die Höhe des Sockels sorgt dabei für den nötigen Illusionsraum um das Nichtberühren von Skulptur und Sockel plausibel zu machen. Die herausgehobene Höhe und Größe der Skulptur, bemisst sich an der sie umgebenden Architektur, besonders aber an einem Siegeszeichen der Spartaner, das in unmittelbarer Nähe an der Architektur angebracht ist und von der Nike Statue mit allen Mitteln übertrumpft werden soll. Dies ist ihr wichtigster propagandistischer Zweck. 

 

In dieser komplexen Inszenierung einer Überwindung von Spartanern und Schwerkraft wird aus der Säule eine eigene erzählerische Figur. Im bildlichen Narrativ des Ensembles ist sie der erste Protagonist. Sie ist notwendigerweise vorvorhanden als Gestalt und als der Ort, auf den sich die herablassende Nike als Landeplatz erst hinbewegen kann. Hier verliert die Säule ihre rein dienende, Lasten tragende Funktion. Sie wird zu einem eigenständigen, integralen Bestandteil des politisch derart aufgeladenen, von dramaturgischer Finesse durchdrungenes Narratives.  

 

Und während die zwölfteilige Säule in Form eines dreieckigen Pfeilers ihre Autonomie erfährt, wird sie zur perfekten Referenz für VikyNiky. Mehr noch, diese Emanzipation der Säule zu einem eigenständigen erzählerischen Motiv überträgt VikyNiky schließlich auf jedes einzelne seiner zwölf Module.  

 

I Die Säule als Motiv

Indem die Module in ihrer Gestaltung das Bild einer Interpretation einer antiken Säule evozieren, gewinnen sie einen gewissen Abbildcharakter und öffnen sich damit den Möglichkeiten anekdotischer, bisweilen romantisierender Erzählungen. Dass die, ihrer architektonischen Funktion enthobene Säule, als Bild ihrer selbst ein respektables kunsthistorisches Eigenleben entwickeln konnte, bereichert das Spiel mit den Modulen um eine Vielzahl historischer Anregungen und Perspektiven. 

 

Die nachgetragene Säule

Das Offenbacher Kriegerdenkmal ist eine Memorialskulptur die zur Gattung der Säulenmonumente gehört, ohne, dass sie das eigentlich definierende Element, die Säule, je hätte vorweisen können. Da Sockel und Skulptur ohnehin voneinander getrennt sind, ist Raum für das, was man bei Errichtung des Denkmals vielleicht aus ästhetischen Überlegungen, vermutlich aber aus Kostengründen sich erspart hat: Die Säule. In Abwesenheit von Viktoria, die in ihrem höchst fragilen, fragmentarischen Zustand ohnehin keinerlei Höhen mehr erklimmen könnte, legt Martin Pfeifle vor dem Sockel die Teile einer Säule aus, die sich jedoch durchaus zu einer respektablen Höhe emporschrauben ließen. Nichts geht über dieses, in Aussicht gestellte Potential hinaus. Im Gras verbleiben die Module und erinnern an den wohlsortierten Inhalt eines Anker-Steinbaukastens: Zu alt und zu kostbar einem Kind den unvoreingenommen spielerischen Zugriff zu erlauben.

 

Verzichtet man auf das Schrauben und erlaubt den Modulen in leichter Versetzung zueinander sich zu türmen, findet das Säulenkonstrukt nicht nur zu einer ästhetisch faszinierenden Auflockerung. Es entsteht so auch das Bild einer, der Gewichtigkeit der Geschichte angemessene Folge von Brüchen:  Windschnittig und windschief, ganz so, wie ein Blick auf ein Säulenpaar, Classical / Neoclassical von Ian Hamilton Finlay zu veranschaulichen hilft.[6] Eine „neoklassische“ Säule besteht hier aus einem Aufbau sich in ihrer Größe verringernder Leinentrommeln, während eine „klassische“ Säule sich aus ebenfalls verjüngenden Modulen zusammensetzt, die Abformungen von Palmenstämmen darstellen. Dem Abbild der Natur wird ein menschengemachtes Objekt gegenübergestellt. Dabei weisen sowohl die Palme, als Palmenzweig ein klassisches Symbol des Sieges, (auf das auch die Offenbacher Viktoria nicht verzichten musste) als auch die Trommel auf eine ebenso kluge wie ironische militärhistorische Re-Interpretation der Begriffe von Klassik und Neoklassik hin. Die Neigung beider Säulen, die sich formal durch die Art und Weise der vermeintlichen Auftürmung der Gegenstände erklärt, verleiht beiden Säulen sowohl den Eindruck einer vorwärts gerichteten Bewegungsdynamik, als auch eine Ahnung für ein beunruhigendes Maß von Instabilität. 

 

Der Vorteil von aus eigenständigen und untereinander verschraubbaren Modulen gefertigter Säulen lässt sich sehr eindrucksvoll am Schicksal der Vendome Säule in Paris veranschaulichen. Das 1806 errichtete, Napoleon und den Sieg von Austerlitz verherrlichende Denkmal wurde bereits 1871, zu Zeiten der Pariser Kommune, auf Bestreben des Malers Gustave Courbet wieder abgebaut.[7] Nach dem Ende der Kommune beschloss man allerdings die Säule wieder aufbauen zu lassen – und zwar auf Kosten Courbets! Die Bronzeplatten hatte man zwar aufbewahrt trotzdem war die Wiederherstellung der Säule langwierig und entsprechend kostspielig. Bis zu seinem Tod hat Courbet die daraus resultierenden gigantischen Schulden nicht abbezahlen können.[8] Hätte dem großen Realisten Gustave Courbet der Bildhauer Martin Pfeifle mit VikyNiky zur Seite gestanden, seine Sorgen in den letzten Jahren seines Lebens wären bedeutend geringer gewesen.  

 

Das Modul als Fragment

Die mit den Modulen möglichen Installationen unterscheiden sich deutlich darin, ob sie ein geschlossenes System suggerieren und damit beispielsweise als serielle Strukturen abbildende skulpturale Installationen verstanden werden können. Offene Ordnungen hingegen legen eine Wahrnehmung der Module als Fragmente nahe und öffnen sich damit der Imagination von mutmaßlich verloren Gegangenem. Das Fragmentarische bietet immer auch eine ideale Projektionsfläche, eine Einladung, das Gesehene nicht als Gegenstand an sich, sondern als einen Teil eines in der Vorstellung zu rekonstruierenden größeren Ganzen zu denken.

 

Ein vergleichsweiser einfacher Eingriff mit großem poetischem Nutzen, ist das Vergraben von Säulen gut sichtbar innerhalb von Rasenflächen. Ganz gleich ob dabei wertvolle antike Originale oder zeitgenössische Kopien zum Einsatz kamen, geschaffen wurde das Bild eines im eigenen Garten versunkenen klassischen Altertums das sich fortan ebenso mit der Seele, wie mit dem Rasenmäher suchen ließ. Um den Eindruck eines möglichen antiken Grabungsfeldes zu verstärken gab es auch die Möglichkeit allerlei Architekturfragmente weiträumig zu verstreuen. Dies ist nebenbei bemerkt, ein Effekt, zu dessen moderner Re-Interpretation sich die Module von VikyNiky ganz hervorragend eignen. 

 

Mögliche sinnstiftende Platzierungen der Module variieren zwischen bedingter und bedingungsloser Bezugnahme der Elemente untereinander. Die zielgerichtete, ebenso das Fragmentarische wie einen gemeinsamen Ordnungsrahmen betonende Ausrichtung der Module etwa findet eine ideelle Entsprechung in einigen, oft mehrteiligen Steinskulpturen von Ian Hamilton Finlay.[9] Bei glatter Oberfläche mit eingemeißeltem Text sind sie mit umlaufenden Bruchstellen gestaltet. So entsteht der Eindruck sie wären anlässlich einer lang vorhergegangenen Zertrümmerung einer einzigen, großformatigen Steinplatte entstanden. Deren Fragmente sind nun so platziert, dass sie die Ursprungsform der Platte im Ungefähren nachzuahmen scheinen. Das übergreifend verbindende Element ist hier der fortlaufende in Stein gemeißelte Text, dem die vermeintliche Gebrochenheit des Trägermaterials dramatischen Nachdruck verleiht.  

 

Dass sich im Bereich des Imaginären über das Fragment auch die Vorstellung gewaltiger Größe erschließen lässt, zeigt sich etwa am Beispiel der „zerstörten Säule“ im Landschaftsgarten des Herzogs d`Harcourt in Retz[10]. Neben der „Vergegenwärtigung“ verschiedener Weltteile findet sich hier eine „Wildnis“. Deren Hauptattraktion ist der gigantische Rumpf einer im dorischen Stil gehaltenen „zerstörten Säule“ mit einem stolzen Durchmesser von vierzehn Metern. In sämtliche Kannelierungen sind Fenster eingelassen, die mit jeder Etage Form und Format wechseln. Darin untergebracht ist ein vierstöckiges Haus samt Unterkellerung. Sie somit sowohl als ein in Form einer Ruine gebautes Haus, als auch als das Bild einer Säule zu sehen, deren Ruine einer praktischen (Nach-) Nutzung zugeführt wurde. Im ersten Fall handelt es sich um ein intaktes Gebäude von ungewöhnlicher Form. Im zweiten Fall jedoch wird eine Vorgeschichte evoziert, die weit über das Erscheinungsbild des gegebenen Gebäudes hinausweist. Hier würde die ungewöhnliche Einfassung des Daches als diagonal angelegte, irregulär belebte „Bruchstelle“, den Ort bezeichnen, an dem die Imagination des Betrachters übernimmt um eine gigantische, sich über alle Wipfel des Parks erhebende Säule zu imaginieren. Denn während die Säule als Ruinengebäude den Höhenverhältnissen der übrigen Parkbauten verpflichtet bleibt, sprengt sie als Bild eines mutmaßlich vorvergangenen Bauwerks diesen Rahmen völlig. Es ist die Heraufbeschwörung ungesehener Größe innerhalb der Illusionslandschaft eins Gartentableaus. 

 

1922 entwarf Adolf Loos einen einhundertzweiundzwanzig Meter hohen Wolkenkratzer in Form einer noch gigantischeren Säule im Rahmen des Wettbewerbs für den neuen Hauptsitz des Chicago Tribune.[11] Dies wäre der erste, einen Gegenstand abbildende Wolkenkratzer der Architekturgeschichte geworden und wurde ebenso wenig gebaut, wie die „Vollendung“ der „zerstörten Säule“ in Retz je wirklich zu sehen war. Als versöhnlich mag in diesem Zusammenhang erscheinen, dass Hans Hollein in seinem Beitrag zur 1. Architektur Biennale in Venedig 1980, den Wolkenkratzer von Loos als Säule innerhalb einer Reihe phantastischer Säulen rehabilitierte.[12] So kam der Gigant zu einem Einsatz, wie es die vielen Säulen in Porzellan, Stein oder Metall als Tischdekorationen tun, eben so, wie sich die Module von VikyNiky auf ein Monument wunschvoll geahnter Größe hin imaginieren lassen. 

Je nach Installation hat jedes Modul das Zeug dazu, in der Vorstellung der BetrachterInnen weit über jede Rasenauslage hinaus, in imaginär komplettierende, säulengetragene Luft-Tempelphantasien hinein zu wachsen. Solche Beschwörungen von visuell ebenso Abwesendem wie durchaus vorstellbar Möglichem sind keinesfalls allein auf Architekturen beschränkt. Es lassen sich so zum Beispiel auch die Arbeiten anderer KünstlerInnen nachstellen, beziehungsweise im Anklang an ihre Gestaltung bildhaft in Erinnerung bringen. Voraussetzung für diesen kreativen Spielraum ist dabei in jedem Fall die formale Autonomie der einzelnen VikyNiky Module.

 

II Die Eigenständigkeit der Module und das Spiel

 

Ordentlich in Reih und Glied ausgelegte Polygone werden immer zuallererst an die aufwändig produzierten Installationen von Walter de Maria denken lassen. Dessen Interesse an Raum und Spiritualität hat jedoch nur bei oberflächlichem Augenschein etwas mit der Konzeption und dem narrativen Potential von Martin Pfeifles VikyNiky zu tun.  Interessanter erscheint in diesem Zusammenhang stattdessen der Blick auf zwei deutsche Positionen der siebziger Jahre, auf zwei Künstler, die sich in ihrem Werk sowohl auf serielle Strukturen als auch auf Formvorbilder aus dem industriellen Bereich bezogen. Hier gilt sowohl die Wahrnehmung von VikyNiky als Ring- und Röhrengebilde als auch die Autonomie der Module als Ausgangspunkt der Überlegungen. 

 

Martin Pfeifle öffnet die Möglichkeit, die Module von VikyNiky kreativ zu kombinieren, über den eigenen Gestaltungsansatz hinaus, für Sammler und Kuratoren. VikyNiky ist so zuallererst ein Werksatz, der nicht nur das Potential sehr verschiedener Skulpturen in sich trägt, sondern auch ein gewisses Maß von kreativer Teilhabe an die Rezipientinnen des Werkes weitergibt. Darin läßt sich durchaus eine konzeptionelle Nähe zum Werk von Charlotte Posenenske erkennen, die in den späten sechziger Jahren ihre bemerkenswerten Werke in Form von aus Blech geformten Vierkantrohren, ihre Vierkantrohre Serie D, die in ihrer Materialität und Gestaltung an Elemente für Entlüftungsanlagen erinnern.[13] Hier verfolgte sie ohne jede Frage einen konzeptionell ambitionierten Ansatz. Wie sie in einem 1968 in Art International veröffentlichttem „Statement“ darlegte, wurden die Module der Werkreihe nach ihren Entwürfen industriell in Serie produziert.[14] Darüber hinaus öffnete Posenenske dieses Werk der „Veränderung“ durch die „Konsumenten“, die „dadurch immer wieder aufs neue bei der Herstellung beteiligt sind“. Das heißt, Galeristen, Kuratoren, Sammler konnten und sollten aus diesen Modulen Konfigurationen ihrer Wahl formen. Bis heute, vierunddreißig Jahre nach ihrem Tod, werden die Module vervielfältigt und ermöglichen die Vermehrung und Weiterentwicklung ihres Werkes. Ohne Frage, dieser, in den späten sechziger Jahren entwickelte konzeptionelle Ansatz ist bis zum heutigen Tage ebenso revolutionär, wie radikal und einzigartig. Die sehr begrenzte Formensprache und das ungeklärte Verhältnis zu Entlüftungsanlagen als mutmaßliche Gestaltungsvorgabe ist es nicht.

 

An diesem Punkt untertscheidet sich VikyNiky ganz entschieden von den Vierkantrohren Serie D Das Abbildungsverhältnis indem die Module zur Säule stehen bestimmt nicht nur deren einzelne  Form sondern wesentlich auch alle Gebilde, die sich mit den Modulen formen lassen. Genau darin wird die Nähe sichtbar zu einem weiteren Künstler, der ebenfalls seit den späten sechziger Jahren Röhrenbskulpturen nach dem  Vorbild großer industrieller Anlagen des Ruhrgebietes aber auch nach Katalogen der Anbieter von Sanitärprodukten entwickelte. Friedrich Gräsel arbeitet traditionell jenseits anonymer industrieller Massenfertigung und bleibt auch alleiniger Autor seiner Werke. Indem er unter anderem die Knickung der Rohre verstärkte um seine Plastiken in der Grundeinheit von Kuben anzulegen, schuf er seine eigene Formensprache. Mit seinen, seit 1971 entstandenen Funktionsskulpturen ging er einen entscheidenden Schritt über Charliotte Posenenskes Arbeiten hinaus: Gräsel schuf Röhrenskulpturen die als reale Entlüftungsanlagen funktionieren und allesamt seit dieser Zeit bis zum heutigen Tage in Betrieb sind.[15] Die Röhren sind in Gräsels Werk nicht nur Inspiration für einen künsterlischen Formenkanon, sie sind Thema und bisweilen gar Funktionsträger der Arbeit. 

 

Die für VikyNiky so wichtigen formalen Referenzen spielen auch bei Gräsel eine Rolle. Von formal korrespondierenden Inszenierungen seiner Skulpturen vor Industrieanlagen, bis hin zu anthropomorphen Bezügen einzelner Werke und seinen Ausflügen in die Land Art auf heimischem Rasen spannt sich ein weiter Bogen höchst unterschiedlicher Verweise.[16]

 

Dabei sind Röhrenskulpturen durchaus keine Erfindung der sechziger Jahre, wie ein Blick in die 1571 veröffentlichte Perspektiva, einer Abhandlung des als Goldschmied tätigen Johannes Lencker zeigt.[17] Nach solchen Instruktionen wurden schließlich skulpturale Schaustücke für höfische Kunstkammern gefertigt. Lencker zeigt zum besseren Verständnis der Formen, diese ebenfalls als modular angelegt, was wie eine ästhetische Vorwegnahme von VikyNiky erscheint Das verbinden, stapeln, ineinander verschachteln der identischen Formenelemente eröffnet ein freies Spiel der Kombinationsmöglichkeiten, zu dem sich auch, dank ihrer Eigenständigkeit, die Module von VikyNiky eignen. Dabei ist die Begrenzung der Anzahl von Modulen auf zwölf, so, wie sie in Offenbach mit VikyNiky für Europa!!! vorliegen und zur Bildung des Säulenkreises notwendig sind, nicht konzeptionell zwingend. Entscheidet sich Martin Pfeifle zu einer Steigerung der Stückzahl dann gilt, wie für jedes Baukastensystemt: Mit der Anzahl der zur Verfügung stehenden Bausteine erhöht sich das Maß der Vielfältigkeit der Gestaltungsmöglichkeiten. 

 

Mit Rado hat Martin Pfeifle 2011 eine Arbeit geschaffen, die Offenheit für Eingriffe in die Gestaltung zu ihrem Prinzip machte.[18] Auf einer öffentlichen Grünfläche in Bonn-Endenich, legte er vierundsechzig aus Neopolenschaum gefertigte Würfel zu einem quadratischen Feld auf einer Rasenfläche aus. Die längs abwechselnd schwarz und weiß gestreiften Würfel mit je einer schwarzen und einer weißen Oberfläche ließen sich für die Dauer von sieben Jahren, jeweils vom Frühjahr bis in den Herbst, von sämtlichen BesucherInnen der Grünanlage nach Belieben umgruppieren. Die Variationsmöglichkeiten der Gestaltungsoptionen war schier unendlich und schuf mit jedem Eingriff neue Gebilde und Konstellationen. Bei aller Offenheit die eine solche „audience participation number“, in der Einbindung der kollektiven Kreativität bietet, bleibt dennoch zu bedenken, das sich auch von noch so vielen Beteiligten immer nur das an Möglichkeiten aus einer solchen dem Publikum, den „Konsumenten“ geöffneten Skulptur nur herausholen lässt, was der Künstler zuvor in ihr angelegt hat.  Das gilt für Martin Pfeifles Rado ebenso wie für Charlotte Posenenskes Vierkantrohre Serie D. Insofern stellt sich die Frage nach der Begrifflichkeit eines „Überlassens der Veränderungen“ im Sinne einer „Herstellung“ der Arbeit. Sind nicht die am Umgang mit dem Kunstwerk sich Beteiligenden eher Spieler oder Mitspieler in einer, vom Künstler geschaffenen Spielanleitung? 

 

 

III Europa!!! Der Säulenkreis

Die zwölf miteinander verbundenen Module, als das eine große Polygon formt VikyNiky zu dem Offenbacher Säulenkreis für Europa!!!

 

Eine beeindruckende optische Ähnlichkeit zeigt der Säulenkreis mit dem Mazzochio, ein in der italienischen Renaissance etablierter Polyeder, ein regelmäßiger polygoner Ring, der in seinem Querschnitt meist achtfach, manchmal nur sechsfach gestuft ist.[19] Er ist vor allem über Intarsienarbeiten und einige Werke des Malers Paolo Ucello überliefert. Leonardo da Vinci hat ihm eine Zeichnung gewidmet, die ihn als Skelett seinem inneren wie äußeren Aufbau aller Teile zeigt. In erster Linie scheint der Mazzochio eine Figur für Perspektivstudien gewesen zu sein, beziehungsweise eine Bildfigur die sich als besonderes Schaustück eignete an dem sich perspektivisches Können in hohem Maße beweisen ließ. Vor allem aber war der Mazzochio Teil einer im fünfzehnten Jahrhundert beliebten Kopfbedeckung und so kam der ebenso komplexen, wie ästhetisch überzeigenden Ringform auch eine praktische Verwendung zu. Diesen Aspekt hat auch VikyNiky vor allem in seiner Anlage als Säulenkreis mit dem Renaissance-Polyeder gemeinsam. Zwar taugt er ob seiner Größe keinesfalls als Kopfschmuck, er lädt jedoch dazu ein, den Kreis durch Sitzen zu besetzten.

 

Der Säulenkreis wird zu einer kleinen intimen Arena, ein Forum für Diskussionen und fördert damit die Notwendigkeit zum Gespräch und dessen Möglichkeiten auch formal vor Augen. Hier sitzt man auf den einzelnen Modulen in dem als ideal geltenden europäischem Sternenkreis folgend. Es ist eine Bühne sowohl für das gedachte, als auch das real geführte Gespräch, den Austausch dessen es auf allen Ebenen von Staaten, Institutionen und vor allen Dingen, den BürgerInnen Europas. Es wird damit zu einem möglichen Bild für eine Vision von Europa, wie sie Heiner Müller, im Gespräch mit Frank Raddatz noch im Januar 1989 entworfen hat. „Konsequent weitergedacht, könnte Europa aufgrund seiner Geschichte und Tradition ein Sprachzentrum für die Welt werden, für die Probleme der Welt. Je mehr es aus der Bewegung der Geschichte hinausgedrängt wird (…), könnte das „Haus Europa“ ein Zimmer werden, in dem die Probleme noch präzis besprochen werden könnten.“[20] Dieses Zimmer der Dialoge, der Bemühungen um Problemlösungen, sollte ein Raum für Visionen sein, für produktives Wunschdenken, das dem Entwurf von Idealen folgt, ebenso, wie für die in Europa wohl etablierte Kultur des Pragmatismus und der beständigen Kompromisse. Den wichtigsten Kommentar jedoch, den VikyNiky zu Europa macht ist jedoch folgendes. Jedes Modul kann für sich stehen und im Zusammenspiel mit anderen Teilen vielfältige Erzählungen beginnen, kulturelles Erbe anrufen, wohl etablierte ebenso wie entlegene Narrative anklingen lassen. Der großen Vielfalt der Möglichkeiten sind kaum Grenzen gesetzt.  

 

Die größte Stärke und Stabilität jedoch zeigt VikyNiky in seinem konzentriertesten und festen Zusammenschluss. Der Säulenkreis, der aus der aus der Verschraubung der Module untereinander hervorgeht, erweist sich als ein offener, den sich nähernden BetrachterInnen gegenüber gastfreundlicher Kreis. Die starke Verbindung, der Zusammenhalt untereinander, bedeutet keinen Ausschluss, keine Notwendigkeit zu einem Abschotten nach außen. Der Säulenkreis ruht in seiner Geschlossenheit und präsentiert sich darin offen und einladend der Teilhabe, dem Diskurs und Austausch miteinander. 

 

Die EuropäerInnen des 21. Jahrhunderts verfügen über das historische und kulturelle Wissen, das nichts Großartiges aus Nationalismus erwächst. Kaum ein Kontinent hat einen so hohen Preis für den Irrtum und die Verblendung seiner Nationalismen gezahlt und dabei dem Rest der Welt derartigen Schaden zur Erlangung dieser hart erkämpften Einsicht zugefügt.  

 

Europa hat aus der Katastrophe heraus zu einer Einigung gefunden und unter Beweis stellen können, dass ein Mehr an gemeinschaftlichem Handeln alle Beteiligten stärkt. Seitdem zeigt der Alltag in Europa, dass nicht der Triumph, das Auftrumpfen zu Stärke führt, sondern letztendlich die Verständigung und der Kompromiss. Wie Wolfgang Burgdorf in seinem Plädoyer für Europa so trefflich ausführt, ist es eben dieser meist als so leidlich verschmähte Kompromiss, jenes Werkzeug, mit dem die Einigung über alle anderen partikularen Interessen gestellt wird, das bessere Wissen über das Europa verfügt.[21]  Und genau das gilt es gegen all die gestrigen Nationalisten zu verteidigen, die wider dieses mühsam errungenen Wissens handeln wollen. VikyNiky „illustriert“ Aspekte dieses besseren europäischen Wissen. Es liefert ein Bild für die Überlegenheit eines Zusammenhaltes in Offenheit, es zeigt, dass kulturelle Vielfalt und Einheit einander nicht ausschließen, sondern dass das Eine der notwendig integrale Bestandteil des Anderen ist. 

 

Kranzschleudern

Es gab Zeiten, da warf man einen Federhandschuh um sein Gegenüber zum Handeln, zur Stellungnahme zu bewegen, im Zweifelsfall zu einer Positionsbeziehung auf Leben und Tod. Heute, in Zeiten des allseits wieder aufkeimenden „unsinnigen“ und „obszönen“ Nationalismus braucht es ganz offensichtlich gewichtigere Geschütze![22]

 

Auch als Polygon steht der Säulenkreis formal in unmittelbarer Nähe zu den Lorbeer- und Eichenlaubkränzen, die Niken und Viktorien stets für jeglichen Fall der Fälle von Auszeichnungswürdigkeiten und Siegen bereithielten - mitunter einen in jeder Hand! Zu den sechs von Ludwig I für seine Walhalla genannte deutsche Ruhmeshalle bei Johann Christian Rauch bestellten Viktorien zählt die sogenannte Kranzwerfende Viktoria, von denen Rauch zwischen 1834 und 1838 zahlreiche Varianten schuf.[23] Die endgültige, für Walhalla in Marmor ausgeführte Skulptur erfreute sich schließlich derart großer Beliebtheit, dass sie mehrfach in Marmor, in Bronze, zahlreichen Gipsen und zahllosen Porzellanfassungen hergestellt wurde und noch heute einen vom Deutschen Fußballbund  sporadisch verliehenen Wanderpokal ziert.  

Viktoria sitzt auf einem Felsensockel, sie ist leicht aber, auf Ludwigs Beharren hin, sittlich bekleidet und hat die Flügel hochgestellt. Mit der linken Hand „stützt sie sich auf ihren Felsensitz. Motiviert ist dies durch den rechten Arm, den die Göttin leicht angehoben hat, um den Kranz aus Eichenlaub dem imaginären Sieger entgegenzuschleudern.“[24] In einem sportlichen Ambiente mag solches Ansinnen noch angehen, geschaffen wurde diese Göttinengestalt jedoch für eine Ruhmeshalle von Geistesgrößen. Ob die jedoch die Sportlichkeit besessen hätten, entweder gute Fänger zu sein oder dem Eichenlaubgeschoss geschickt auszuweichen, sei dahingestellt. 

 

Im Zusammenhang mit VikyNiky legt die Existenz dieser Viktoria, die schöne Vorstellung nahe, eine wohl ziemlich große Siegesgöttin habe in Vertretung ihrer zerstörten Schwester, auf dem Denkmalsockel Platz genommen und mit großer Geste und fester Hand, den metallenen Kranz auf den Rasen geschleudert. Wohl in Erwartung kommender BetrachterInnen, denen ein vorauseilend vor die Füße geworfenes Siegeszeichen die Frage mit auf den Weg gibt, womit eine solche Auszeichnung hätte gerechtfertigt werden können. Wer schließlich hätte sich um Europa wohl solche Verdienste erworben, den Wurf der Viktoria als etwas anderes denn als unverdient erteilte Vorschusslorbeeren ansehen zu müssen? Spätestens aus diesem Bild erwächst nichts Geringeres als Aufgabe und Auftrag sich als gute Europäerin, als guter Europäer zu erweisen um sich dieser Ehrung, in Form von VikyNiky doch noch als würdig zu erweisen.  

 

VikyNiky führt im Titel die griechische Siegesgöttin Nike mit ihrer römischen Kopie Viktoria zusammen. Angesichts des verwaisten Offenbacher Sockels, vor dem die Skulptur Position bezieht, ist das ein klarer Hinweis auf die Abwesenheit der Viktoria. Indem VikyNiky darüber hinaus explizit auf den zwölfteiligen Sockel der Nike des Paianos Bezug nimmt, wird auch die Abwesenheit der Nike ein Thema. - Ohne Frage, sämtliche Siegesgöttinnen haben das Gebäude, beziehungsweise den Rasen auf dem Alten Friedhof zu den Klängen von Mauricio Kagels 10 Märsche den Sieg zu verfehlen verlassen.[25] 

 

Martin Pfeifles VikyNiky für Europa!!! ist ein Plädoyer für ein Denken, ein Handeln, jenseits des Triumphes vermeintlicher Siege. VikyNiky setzt solchen Konzepten ein eindrucksvolles Bild für die Stärke der Vereinigung in Eigenständigkeit und Vielfalt entgegen. 

 

[1] Siehe S. 

[2] Nike des Paionios, Archäologisches Museum, Olympia.

[3] Nike von Samothrake, Louvre, Paris.

Martin Pfeifle nahm als eine Anregung zu VikyNiky einen Hinweis in meinem Text zum Offenbacher Kriegerdenkmal, in dem es hieß, dass der Typus der Viktoria wahrscheinlich auf eben jene Nike des Paionios zurückzuführen sei. Diesen Hinweis verdankte ich einem Katalogtext von Matthias Bleyl, der sich wiederum auf Alexander Marschies berief, der jedoch in seinem Essay zur Berliner Siegessäule einen Zusammenhang zur Nike von Samorthrake herstellt nicht aber zur Nike aus dem Hain von Olympia. Auch deren Fundgeschichte, sie wurde erst zwei Jahre nach Einweihung der Siegessäule entdeckt, macht deutlich, dass nur die bereits 1863 gefundene Nike von Samothrake hier entscheidenden Einfluss hatte nehmen können. Darüber hinaus orientiert sich das, sowohl für die Offenbacher Viktoria, als auch für Drakes Berliner Viktoria entscheidende Schrittmotiv und der mit dem Ehrenkranz weit ausgestreckte Arm eindeutig an den Charlottenburger Viktorien von Drakes Lehrer Christian Daniel Rauch. Der griff seinerseits auf pompejische Wandmalereien und eine 1823 in Pompeji entdeckte Statuette als Inspiration zurück, die in ihrem Schrittmotiv sehr wohl von der in der Antike berühmten Nike des Paionos beeinflusst zu sein scheinen. 

[4] Karl Schefold: Die Griechen und ihre Nachbarn. In: Propyläen Kunstgeschichte, Berlin, 1984, S. 186.

[5] Klaus Herrmann: Der Pfeiler der Paionios-Nike in Olympia, In: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts, Berlin, 1972, S. 232 – 257.

[6] Ian Hamilton Finlay: Classical/Neoclassical mit John Sellmann, Sandstein, 1992 In: Ian Hamilton Finlay, Pia Simig: Modern Antiquities, Nolan Eckmann Gallery, New York, 2000, unpaginiert.

[7] Eberhard Roters: „Zwei Jahre bevor in Berlin die Einweihung der Siegessäule stattfindet, stürzen die Pariser Kommunarden die Vendome-Säule. Diese zeitliche Nähe zweier konträrer Vorgänge von vergleichbarer Symbolkraft erhellt den historischen Anachronismus des verspäteten deutschen Kaisertums.“ In: Reichs- und Kaiserkult in: Aspekte der Gründerzeit, Akademie der Künste, Berlin, 1974, S. 49.

[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Colonne_Vendôme, 22.08.2019.

[9] Siehe u.a.: The Present Order mit Nicholas Sloan, 1983. In: Yves Abrioux: Ian Hamilton Finlay. A visual primer, Dublin, 1985, S. 46.

[10] Jurgis Baltrusaitis: Gärten und Illusionslandschaften. In: Imaginäre Realitäten. Fiktion und Illusion als produktive Kraft, Köln, 1984, S. 124 -127.

[11] https://de.wikiarquitectura.com/gebäude/chicago-tribune/ 22.08.2019.

[12] Hans Hollein: Strada Novissima, Venedig, 1980. Siehe: https://www.hollein.com/index.php/ger/Ausstellungen/Strada-Novissima 24.08.2019.

[13] Siehe: Burkhard Brunn: Zur Einführung. In: Charlotte Posenenske, Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main, 1990. S. 8 – 14.

[14] Charlotte Posenenske: Statement in Art International Mai 1968, Ebd. S. 41.

[15] Siehe: Friedrich Gräsel Plastiken und Zeichnungen 1978 – 1992. Hrsg.: Museen der Stadt Aachen und Westfälisches Landesmuseum für ‚Kunst und Kulturgeschichte Münster, Ostfildern-Ruit, 1998, S. 92, 93, 98, 105. 

[16] Friedrich Gräsels Tor und Doppelwinkel von 1972 hat auf dem Gelände der Ruhruniversität Bochum eine Aufstellung gefunden, in der sich nicht nur zwei geometrisch geformte Körper korrespondierend einander gegenüberstehen. Die beiden Elemente lassen sich auch als eine ästhetische Einheit wahrnehmen, in der sich Form entwickelt, die an eine Abstraktion einer liegenden menschlichen Figur erinnert.  

[17] Johannes Lencker: Perspectiva, Nürnberg 1571. In: Werner Hofmann: Zauber der Medusa. Europäische Manierismen, Wien, 1987, S. 330.

[18] Martin Pfeifle. Riza. Hrsg.: Gisela Clement und Michael Schneider, Bonn, 2012, S. 36 – 45. 

[19] Kenneth Brecher: The Mazzocchio in Perspective, Bridges 2011, Boston, 2011.

https://archive.bridgesmathart.org/2012/bridges2012-433.pdf 23.08.2019.

[20] Heiner Müller und Frank M. Raddatz: Stirb schneller Europa. In: Heiner Müller: Zur Lage der Nation, Berlin, 1990, S. 41.

[21] S. 

[22] Robert Filliou: Commemor. Siehe S. 

[23] Rolf H. Johannsen: Christian Daniel Rauch Kranzwerfende Viktoria, 1837 – 1838. In: Nationalgalerie Berlin. Das XIX Jahrhundert. Bestandkatalog der Skulpturen. Hrsg.. Bernhard Maaz, Leipzig 2006, S. 527.

[24] Ebd.

[25] Mauricio Kagel: 10 Märsche, um den Sieg zu verfehlen (1978 – 79), Edition Peters, Leipzig, 2002.

VikyNiky, a circle of columns for Europe!!!

 

On a large lawn in the Old Cemetery stands the red sandstone pedestal of the former Offenbach war memorial. In the summer of 2019, a metal sculpture created by Düsseldorf artist Martin Pfeifle was placed in the grass in front of it. It is made of galvanised steel and shimmers matt grey in the sunlight. At first glance, you might think it's a large metal ring, only to be forced to correct yourself immediately and note that almost everything about this sculpture is angular. VikyNiky,as it's titled, is a polygon, a multi-sided structure in which all the corners are stepped in such a way that the shape of a ring appears visually plausible at the end. In reality, however, the ring is a large dodecagon with a diameter of nine metres, which in turn is composed of twelve modules. These are also designed as dodecagons with a diameter of forty-seven centimetres and are cut at both ends with two converging diagonals at an angle of fifteen degrees. All this ultimately allows so many corners to be brought into the round. At their intersections, the modules are closed except for a hole in the centre, which makes it possible to screw the elements together and promotes the distinct closed form of the ring. 

 

Twelve golden stars on a blue background form the flag introduced by the Council of Europe in 1955, which has been adopted by all institutions of the European Community since 1986 and is considered the symbol of the European Union. The number of stars represents a numerical concept of perfection and signifies a compromise that is typical of the community. The number twelve is not dependent on the number of member states belonging to the EU. The number of modules in VikyNiky and the fact that they can be formed into a circle thus creates a direct, pictorial connection to the iconic emblem of the EU. 

 

Even though VikyNiky makes its debut in this convincing circular form, it also offers a considerable variety of different installation options, as the photo series in this publication demonstrates. After all, in 2019 VikyNiky is primarily the sum of twelve polygonal modules. How these twelve modules come together is a story of diverse possibilities, numerous narratives, different cultural narratives and, above all, a playground for innovation. This makes sense, because VikyNiky is about Europe, a plea for its historical achievements, its guaranteed freedoms and strengths, for the great potential of this unique unification and peace project on the European continent. 

 

Alongside the almost endless possibilities for variation in the installation of the modules, two basic forms clearly come to the fore. If all the modules are joined together in a staggered alignment, a uniform, elongated nine-metre-long body in the form of a round pillar is created. Since the sides of the polygons are reminiscent of a translation of fluting into a convex shape, the image of a classical column is evoked. This thus appears as a basic form alongside the ring.

 

And so it is hardly surprising that, in addition to the circle of stars on the European flag, a twelve-part column also plays an important role in the context of VikyNiky. After all, the Offenbach war memorial is a memorial sculpture modelled on the column monument, even if the column in Offenbach was obviously spared.[1] The question of art-historical models brought Paionios' Nike into play, which the Greek sculptor Painoios of Mende created for the grove of Olympia in 420 BC. [2] And even if the Nike of Samothrace, from 190 BC, was the more important influence here, it was ultimately the older of the two Nikes that was to become the essential inspiration for VikyNiky.[3]

 

The Nike of Paionios from Mende

In 1875, during a German-led excavation in the historic grove of Olympia, several parts of the Nike of the Greek sculptor Paionios of Mende were found. The sculpture, which was donated by the Messenians and Naupactians, allies of Athens in the Delian League, on the occasion of a victory over the Spartans, represents an art-historical peculiarity. Thanks to several inscriptions in the base area, this Nike, as a symbol of a military victory, can be linked to a specific historical event. Furthermore, the way it is staged offers an exciting dramaturgy of a politically motivated artistic ‘upstaging’. All this undoubtedly makes this monument the ideal model for the national propaganda of the German Empire, which was re-established in 1871 on the basis of a military victory over France!

 

Nike floats down with outstretched wings and a wind-blown garment that she holds in check with both hands, preceded by the left leg in the crotch motif.[4] Her intended landing place is a column of unusual shape in front of the temple architecture. However, she never lands; her feet never touch the column, as required by the dramatic composition of this monument. There appears to be a gap between them and the surface of the column, emphasised by an eagle that crosses this airspace. This illusion is one of several highly sophisticated staging effects. The 8.5-metre-high column consists of twelve blocks that taper towards the top.[5] The side of the column that is visible is triangular, and it is towards this that the sculpture is aligned. The tapering sides behind this side conceal the impression of structural volume. Such an elaborately created illusion of flatness removes the pedestal from its surroundings of built architecture and applied figural decoration. By seemingly losing its three-dimensionality, it gains pictorial character. The resulting confusion shows it to be beyond any functionality as an object of study. This in turn supports the seemingly weightless floating state of Nike. The height of the pedestal provides the necessary illusionary space to make the non-contact between sculpture and pedestal plausible. The sculpture's prominent height and size is measured against the surrounding architecture, but especially against a Spartan victory monument, which is attached to the architecture in the immediate vicinity and which the Nike statue is intended to outdo by all means. This is its most important propagandistic purpose. 

 

In this complex staging of the Spartans and the laws of gravity being overcome, the column becomes a narrative figure in its own right. In the pictorial narrative of the ensemble, it is the first protagonist. It is necessarily present as a figure and as the place where the condescending Nike can first move as a landing place. Here, the column loses its purely serving, load-bearing function. It becomes an independent, integral part of the politically charged narrative, imbued with dramatic finesse. 

 

And while the twelve-part column in the form of a triangular pillar experiences its autonomy, it becomes the perfect reference for VikyNiky. What is more, this emancipation of the column into an independent narrative motif ultimately transfers VikyNiky to each of its twelve modules. 

 

I The column as a motif

The modules' design evokes the image of an interpretation of an ancient column, giving them a certain representational character and opening up the possibilities of anecdotal, sometimes romanticised stories. The fact that the column, freed from its architectural function, was able to develop a respectable art-historical life of its own as an image of itself enriches the game with the modules with a multitude of historical suggestions and perspectives. 

 

The added column

The Offenbach war memorial is a piece of memorial sculpture that belongs to the genre of column monuments, without ever having been able to present the actual defining element, the column. Since the pedestal and sculpture are separated from each other anyway, there is room for what was perhaps spared for aesthetic reasons when the monument was erected, but probably for reasons of cost: the column. In the absence of Victoria, who in her highly fragile, fragmentary state could not scale any heights anyway, Martin Pfeifle lays out the parts of a column in front of the pedestal, which could, however, be raised to a respectable height. Nothing exceeds this promised potential. The modules remain on the grass and resemble the well-organised contents of a box of Anker building bricks: too old and too precious to allow a child to play with them unsupervised.

 

If you dispense with the screws and allow the modules to be piled up in a slightly offset arrangement, the column construct not only becomes aesthetically fascinating and looser. It also evokes the image of a series of fractures commensurate with the weightiness of history: streamlined and warped, just as a glance at a pair of columns, Classical / Neoclassical by Ian Hamilton Finlay, helps to illustrate. [6] A ‘neoclassical’ column here consists of a structure of linen drums that decrease in size, while a ‘classical’ column is composed of modules that also taper and represent impressions of palm trunks. The image of nature is juxtaposed with a man-made object. Both the palm tree and the palm branch, a classic symbol of victory (which the Offenbach Victoria also had to have), and the drum, point to a military-historical reinterpretation of the concepts of classicism and neoclassicism that is as clever as it is ironic. The inclination of both columns, which is formally explained by the way the objects are supposedly piled up, gives both columns the impression of a forward momentum, as well as an inkling of a disturbing degree of instability. 

 

The advantage of columns made of independent modules that can be screwed together is impressively illustrated by the fate of the Vendome Column in Paris. Built in 1806 to glorify Napoleon and his victory at Austerlitz, the column was dismantled as early as 1871 during the Paris Commune at the behest of the painter Gustave Courbet.[7] After the Commune ended, however, it was decided to rebuild the column – at Courbet's expense! The bronze plates had been kept, but the reconstruction of the column was nevertheless a long and costly process. Courbet was unable to pay off the resulting gigantic debts before his death.[8] If the great realist Gustave Courbet had had the sculptor Martin Pfeifle with VikyNiky to assist him, his worries in the last years of his life would have been considerably less. 

 

The module as fragment

The installations that are possible with the modules differ significantly in whether they suggest a closed system and can thus be understood, for example, as serial structures of representational sculptural installations. Open orders, on the other hand, suggest that the modules be perceived as fragments, thus opening up the imagination of what is presumably lost. The fragmentary always offers an ideal projection surface, an invitation to think of what is seen not as an object in itself, but as part of a larger whole to be reconstructed in the imagination.

 

A comparatively simple intervention with great poetic effect is the visible burial of columns in lawns. Regardless of whether valuable ancient originals or contemporary copies were used, the image of a classical antiquity sunk in its own garden was created, which henceforth could be searched for with the soul as well as with the lawn mower. To reinforce the impression of a possible ancient excavation site, there was also the option of scattering all kinds of architectural fragments around the space. Incidentally, this is an effect that the modules of VikyNiky are perfectly suited to reinterpreting in a modern way. 

 

Possible meaningful placements of the modules vary between conditional and unconditional reference of the elements to each other. The targeted orientation of the modules, which emphasises both the fragmentary and a common framework, finds an ideal counterpart in some of Ian Hamilton Finlay's stone sculptures, often in several parts.[9] With a smooth surface and text carved into it, they are designed with fractures running around them. This gives the impression that they were created by the long-ago destruction of a single, large stone slab. The fragments are now placed in such a way that they seem to roughly imitate the original shape of the slab. The overarching connecting element here is the continuous text carved into the stone, which the supposed brokenness of the carrier material dramatically emphasises. 

 

The fact that the fragment can also be used to conjure up images of vastness in the realm of the imaginary is demonstrated, for example, by the ‘ruined column’ in the landscape garden of the Duke d'Harcourt in Retz[10]. In addition to the ‘visualisation’ of different parts of the world, there is also a ‘wilderness’ here. Its main attraction is the gigantic trunk of a ‘ruined column’ in the Doric style, with a proud diameter of fourteen metres. Windows are set into all the fluting, changing shape and size with each floor. A four-storey house with a cellar is housed inside. It can thus be seen both as a house built in the form of a ruin and as an image of a column, the ruin of which has been put to practical (re)use. In the first case, it is an intact building of unusual shape. In the second case, however, a prehistory is evoked that goes far beyond the appearance of the given building. Here, the unusual framing of the roof as a diagonally laid, irregularly animated ‘fracture’ would indicate the place where the imagination of the beholder takes over to imagine a gigantic column rising above all the treetops in the park. While the column as a ruin remains beholden to the height of the other park buildings, as an image of a presumably bygone structure, it completely explodes this framework. It is the evocation of unseen grandeur within the illusionistic landscape of a garden tableau. 

 

In 1922, Adolf Loos designed a 122-metre-high skyscraper in the form of an even more gigantic column as part of the competition for the new headquarters of the Chicago Tribune. [11] This would have been the first skyscraper in architectural history to represent an object, and it was never built, just as the ‘completion’ of the ‘destroyed column’ in Retz was never actually seen. It may seem conciliatory in this context that Hans Hollein, in his contribution to the 1st Architecture Biennale in Venice in 1980, rehabilitated Loos's skyscraper as a column within a series of fantastic columns. [12] Thus the giant was used in the same way as the many columns in porcelain, stone or metal are used as table decorations, just as the modules of VikyNiky can be imagined as a monument of longingly sensed grandeur. 

Depending on the installation, each module has the potential to grow in the mind of the beholder far beyond any lawn display, into imaginatively completed, column-supported air-temple fantasies. Such conjurings of the visually absent and yet perfectly imaginable are by no means limited to architecture alone. They can also be used, for example, to reconstruct the works of other artists, or to evoke them pictorially in the style of their design. The prerequisite for this creative freedom is the formal autonomy of the individual VikyNiky modules.

 

II The autonomy of the modules and the game

 

When laid out in neat rows, polygons will always bring to mind the elaborately produced installations of Walter de Maria. However, his interest in space and spirituality only has a superficial similarity to the concept and narrative potential of Martin Pfeifle's VikyNiky. In this context, it is more interesting to look at two German positions from the 1970s, at two artists who, in their work, referred to both serial structures and formal models from the industrial sector. Here, both the perception of VikyNiky as a ring and tube structure and the autonomy of the modules as a starting point for reflection. 

 

Martin Pfeifle offers collectors and curators the opportunity to creatively combine the modules of VikyNiky in ways that go beyond her own design approach. VikyNiky is thus first and foremost a set of works that not only contains the potential for a wide variety of sculptures, but also allows recipients of the work a certain degree of creative participation. In this respect, there is a clear conceptual similarity to the work of Charlotte Posenenske, who in the late 1960s created her remarkable works in the form of square tubes shaped out of sheet metal, her square tube series D, which in their materiality and design are reminiscent of elements for ventilation systems.[13] Here she pursued a conceptually ambitious approach without question. As she explained in a ‘statement’ published in Art International in 1968, the modules of the series were industrially mass-produced according to her designs.[14] Furthermore, Posenenske opened up this work to ‘change’ by ‘consumers’, who ‘are thus involved in its production again and again’. In other words, gallerists, curators, and collectors could and should form configurations of their choice from these modules. To this day, thirty-four years after her death, the modules are being duplicated, enabling the proliferation and further development of her work. Without question, this conceptual approach, developed in the late sixties, is as revolutionary, radical, and unique today as it was then. The very limited formal language and the unexplained relationship to ventilation systems as an alleged design specification is not.

 

In this respect, VikyNiky is quite distinct from the square tubes series D. The ratio of the modules to the column not only determines their individual shape, but also all the structures that can be formed with the modules. And it is precisely here that the similarity to another artist becomes apparent, who has also been developing tubular sculptures since the late sixties, modelled on large industrial plants in the Ruhr area, but also on catalogues of suppliers of sanitary products. Friedrich Gräsel works traditionally, beyond anonymous industrial mass production, and remains the sole author of his works. By, among other things, emphasising the kinks in the pipes to create his sculptures in the basic unit of cubes, he developed his own formal language. With his functional sculptures, created since 1971, he went a decisive step further than Charlottte Posenenske's works: Gräsel created pipe sculptures that function as real ventilation systems and all of which have been in operation from that time until today.[15] In Gräsels work, the pipes are not only an inspiration for an artistic canon of forms, they are also the subject and sometimes even the functional element of the work. 

 

The formal references that are so important for VikyNiky also play a role in Gräsel's work. From formally corresponding stagings of his sculptures in front of industrial plants, to anthropomorphic references in individual works and his excursions into land art on his native lawn, a wide range of highly diverse references can be found.[16]

 

Yet tubular sculptures are by no means an invention of the 1960s, as a glance at Perspektiva, a treatise published in 1571 by Johannes Lencker, who worked as a goldsmith, shows.[17] After all, sculptural showpieces for courtly cabinets of curiosities were made according to such instructions. Lencker also shows how the forms are modular, which seems like an aesthetic anticipation of VikyNiky. Combining, stacking and nesting the identical form elements allows for a free play of possible combinations, to which the modules of VikyNiky are also suited, thanks to their independence. The limitation to twelve modules, the number of which are available in Offenbach with VikyNiky for Europe!!! and which are necessary to form the circle of columns, is not conceptually compelling. If Martin Pfeifle decides to increase the number of modules, the same applies as for any modular system: the more modules available, the greater the variety of design options. 

 

With Rado, Martin Pfeifle created a work in 2011 that made openness to interventions in the design its principle.[18] On a public green space in Bonn-Endenich, he laid out sixty-four cubes made of neoprene foam in a square on the lawn. The cubes, alternately striped in black and white along their length, with one black and one white surface each, could be rearranged at will by all visitors to the park for a period of seven years, from spring to autumn each year. The possible variations in the design options were almost endless, creating new structures and constellations with each intervention. Despite the openness that such an ‘audience participation number’ offers in the integration of collective creativity, it should be borne in mind that, however many people participate, the possibilities of such a sculpture, opened up to the audience, the ‘consumers’, can only be realised to the extent that the artist has previously incorporated them. This applies to Martin Pfeifle's Rado just as much as to Charlotte Posenenske's square tube series D. In this respect, the question arises as to the concept of ‘leaving changes to chance’ in the sense of ‘producing’ the work. Are those involved in dealing with the work of art not rather players or fellow players in a game created by the artist? 

 

 

III Europe!!! The Circle of Columns

The twelve interconnected modules, forming the one large polygon, turn VikyNiky into the Offenbacher column circle for Europe!!!

 

The circle of columns shows an impressive visual similarity to the mazzochio, a polyhedron established in the Italian Renaissance, a regular polygonal ring that is usually eightfold in its cross-section, sometimes only sixfold.[19] It has been handed down mainly through inlaid work and some works by the painter Paolo Ucello. Leonardo da Vinci dedicated a drawing to it, showing it as a skeleton of its inner and outer structure. Primarily, the Mazzochio seems to have been a figure for perspective studies, or a figure that was particularly suitable as a showpiece to demonstrate a high level of perspective skills. Above all, however, the Mazzochio was part of a popular headdress in the fifteenth century, and so the ring shape, which is as complex as it is aesthetically pleasing, also had a practical use. In its design as a column circle, VikyNiky has this aspect in common with the Renaissance polyhedron. Due to its size, it is not suitable as a headdress, but it invites you to occupy the circle by sitting.

 

The column circle becomes a small, intimate arena, a forum for discussions and thus promotes the necessity for conversation and its possibilities in a formal way. Here you sit on the individual modules in the European star circle, which is considered ideal. It is a stage for both the imagined and the real conversation, the exchange of ideas at all levels of states, institutions and, above all, the citizens of Europe. It thus becomes a possible image for a vision of Europe, as Heiner Müller sketched it out in conversation with Frank Raddatz in January 1989. ‘If we think it through consistently, Europe could become a linguistic centre for the world, for the world's problems, on the basis of its history and tradition. The more it is pushed out of the movement of history (...), the ‘House of Europe’ could become a room in which the problems could still be discussed precisely.’ [20] This room for dialogue and problem-solving should be a space for visions, for productive wishful thinking that follows the design of ideals, as well as for the culture of pragmatism and constant compromise that is well established in Europe. However, the most important comment that VikyNiky makes about Europe is the following: each module can stand on its own and, in interaction with other parts, begin a variety of narratives, invoke cultural heritage, and echo well-established as well as remote narratives. There are virtually no limits to the great variety of possibilities. 

 

However, VikyNiky shows its greatest strength and stability in its most concentrated and fixed combination. The circle of columns that arises from the modules being bolted together proves to be an open circle that welcomes approaching observers. The strong connection, the cohesion among each other, does not imply exclusion, no necessity to seal oneself off from the outside. The circle of columns rests in its unity and presents itself in this unity as open and inviting for participation, for discourse and exchange with each other. 

 

The Europeans of the 21st century have access to historical and cultural knowledge, which shows that nothing great comes from nationalism. Hardly any other continent has paid such a high price for the error and delusion of its nationalism and in doing so has caused such damage to the rest of the world in order to gain this hard-won insight. 

 

Europe has found unity in the face of catastrophe and has been able to prove that more joint action strengthens all parties involved. Since then, everyday life in Europe has shown that it is not triumph and showing off that leads to strength, but ultimately understanding and compromise. As Wolfgang Burgdorf so aptly explains in his plea for Europe, it is precisely this compromise, which is so often spurned, that tool with which agreement is placed above all other particular interests, that has better knowledge about Europe.[21] And that is precisely what must be defended against all the nationalists of yesterday who want to act against this laboriously acquired knowledge. VikyNiky ‘illustrates’ aspects of this better European knowledge. It provides a picture of the superiority of cohesion in openness, showing that cultural diversity and unity do not exclude each other, but that the one is a necessary integral part of the other. 

 

Slinging wreaths

There was a time when a feathered glove was thrown to urge someone to act or to make a statement, in case of doubt about a life-or-death situation. Today, in times of resurgent ‘senseless’ and ‘obscene’ nationalism, it is obvious that more powerful symbols are needed![22]

 

Even as a polygon, the colonnade is formally very close to the laurel and oak wreaths that Nikes and Victorias always had ready for any eventuality of awards and victories – sometimes one in each hand! Among the six Victorias ordered by Ludwig I from Johann Christian Rauch for his German pantheon of glory at Walhalla is the so-called ‘Wreath-Throwing Victoria’, of which Rauch created numerous variations between 1834 and 1838. [23] The final marble sculpture executed for Walhalla eventually proved so popular that it was made several times in marble, bronze, numerous plasters and countless porcelain versions, and still adorns a challenge cup sporadically awarded by the German Football Association. 

Victoria sits on a rocky base, she is lightly but, at Ludwig's insistence, modestly clothed and has her wings raised. With her left hand, she ‘supports herself on her rocky seat.’ This is motivated by the goddess's right arm, which she has raised slightly in order to throw the wreath of oak leaves at the imaginary victor. [24] Such a request may be acceptable in a sporting context, but this goddess figure was created for a hall of fame of great minds. However, it remains to be seen whether they would have had the athleticism to be either good catchers or to deftly avoid the oak leaf projectile. 

 

In the context of VikyNiky, the existence of this Victoria suggests the beautiful idea that a rather tall goddess of victory took a seat on the pedestal of the monument, representing her destroyed sister, and with a grand gesture and a firm hand, threw the metal wreath onto the lawn. Probably in anticipation of oncoming viewers, to whom a victory symbol thrown in advance at their feet prompts the question of how such an honour could have been justified. Who, after all, would have earned such merits for Europe that would have to see the throw of Victoria as anything other than undeservedly awarded premature praise? From this image at the latest, nothing less than the task and mission arises to prove oneself as a good European in order to prove oneself worthy of this honour in the form of VikyNiky

 

VikyNiky combines the Greek goddess of victory Nike with her Roman copy Victoria in the title. In view of the orphaned Offenbach pedestal, in front of which the sculpture takes up position, this is a clear reference to the absence of Victoria. By explicitly referring to the twelve-part pedestal of Paiano's Nike, VikyNiky also addresses the absence of the Nike. Without question, all of the goddesses of victory have left the building, or rather the lawn of the Old Cemetery, to the sounds of Mauricio Kagel's 10 Marches to Miss a Victory.[25]

 

Martin Pfeifle's VikyNiky for Europe!!! is a plea for a way of thinking and acting that goes beyond the triumph of supposed victories. VikyNiky counters such concepts with an impressive image of the strength of unity in independence and diversity. 

 

 

[1] See p. 

[2] Paionios Nike, Archaeological Museum, Olympia.

[3] Nike of Samothrace, Louvre, Paris.

Martin Pfeifle took as a suggestion for VikyNiky a reference in my text to the Offenbach War Memorial, which stated that the type of Victoria was probably based on the Nike of Paionios. I had this information thanks to a catalogue text by Matthias Bleyl, who in turn referred to Alexander Marschies, who, however, in his essay on the Berlin Victory Column, establishes a connection to the Nike of Samothrace, but not to the Nike of the grove of Olympia. The history of its discovery, which only took place two years after the inauguration of the Victory Column, makes it clear that only the Nike of Samothrace, which had already been found in 1863, could have had a decisive influence here. Furthermore, the decisive motif of the step, which can be found in both the Victoria of Offenbach and Drake's Victoria of Berlin, and the arm stretched out with the wreath of honour, are clearly based on the Charlottenburg Victoria by Drake's teacher Christian Daniel Rauch. For his part, Rauch drew on Pompeian wall paintings and a statuette discovered in Pompeii in 1823 as inspiration, which in their motif of a stepping Nike seem to have been influenced by the famous Nike of Paionios. 

[4] Karl Schefold: The Greeks and their Neighbours. In: Propyläen Kunstgeschichte, Berlin, 1984, p. 186.

[5] Klaus Herrmann: The Paionios Nike in Olympia, in: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts, Berlin, 1972, pp. 232 – 257.

[6] Ian Hamilton Finlay: Classical/Neoclassical with John Sellmann, Sandstein, 1992. In: Ian Hamilton Finlay, Pia Simig: Modern Antiquities, Nolan Eckmann Gallery, New York, 2000, unpaginiert.

[7] Eberhard Roters: ‘Two years before the inauguration of the Victory Column in Berlin, the Paris Commune toppled the Vendôme Column. This temporal proximity of two contrary events of comparable symbolic power sheds light on the historical anachronism of the belated German emperorship.’ In: Reichs- und Kaiserkult in: Aspekte der Gründerzeit, Akademie der Künste, Berlin, 1974, p. 49.

[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Colonne_Vendôme, 22 August 2019.

[9] See, for example: The Present Order with Nicholas Sloan, 1983. In: Yves Abrioux: Ian Hamilton Finlay. A visual primer, Dublin, 1985, p. 46.

[10] Jurgis Baltrusaitis: Gardens and Illusionary Landscapes. In: Imaginäre Realitäten. Fiktion und Illusion als produktive Kraft, Köln, 1984, pp. 124-127.

[11] https://de.wikiarquitectura.com/gebäude/chicago-tribune/ 22 August 2019.

[12] Hans Hollein: Strada Novissima, Venice, 1980. See: https://www.hollein.com/index.php/ger/Ausstellungen/Strada-Novissima 24 August 2019.

[13] See: Burkhard Brunn: Zur Einführung. In: Charlotte Posenenske, Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main, 1990. P. 8 – 14.

[14] Charlotte Posenenske: Statement in Art International May 1968, Ibid. P. 41.

[15] See: Friedrich Gräsel Plastiken und Zeichnungen 1978 – 1992. Ed.: Museen der Stadt Aachen and Westfälisches Landesmuseum für ‘Kunst und Kulturgeschichte Münster, Ostfildern-Ruit, 1998, pp. 92, 93, 98, 105. 

[16] Friedrich Gräsels Tor und Doppelwinkel (Gate and Double Angle) from 1972 has found a place on the grounds of the Ruhr University Bochum, where not only do two geometrically shaped bodies face each other in correspondence. The two elements can also be perceived as an aesthetic unit in which a form develops that is reminiscent of an abstraction of a lying human figure. 

[17] Johannes Lencker: Perspectiva, Nuremberg 1571. In: Werner Hofmann: Zauber der Medusa. Europäische Manierismen, Vienna, 1987, p. 330.

[18] Martin Pfeifle. Riza. Published by: Gisela Clement and Michael Schneider, Bonn, 2012, p. 36 – 45. 

[19] Kenneth Brecher: The Mazzocchio in Perspective, Bridges 2011, Boston, 2011.

https://archive.bridgesmathart.org/2012/bridges2012-433.pdf 23 August 2019.

[20] Heiner Müller and Frank M. Raddatz: Stirb schneller Europa. In: Heiner Müller: Zur Lage der Nation, Berlin, 1990, p. 41.

[21] p. 

[22] Robert Filliou: Commemor. See p. 

[23] Rolf H. Johannsen: Christian Daniel Rauch Kranzwerfende Viktoria, 1837 – 1838. In: Nationalgalerie Berlin. Das XIX Jahrhundert. Bestandkatalog der Skulpturen. Ed. Bernhard Maaz, Leipzig 2006, p. 527.

[24] Ibid.

[25] Mauricio Kagel: 10 Marches to Miss the Victory (1978–79), Edition Peters, Leipzig, 2002.