[2018]

Über Martin Pfeifle

Hannah-Maria Winters

Den Raum erfassen, erleben und aneignen: Mit gewöhnlichen Baumaterialien schafft Martin Pfeifle räumliche Interventionen, die mit einer reduzierten Ästhetik die geometrische Struktur des Raums aufnehmen und gleichzeitig transformieren. 

Als Meisterschüler von Prof. Hubert Kiecol an der Kunstakademie Düsseldorf markiert die Verwendung architektonischer Grundformen sein Werk, das darüber hinaus insbesondere durch die spezielle physikalische Materialität der verwendeten Materialien geprägt ist. Industrieprodukte wie Karton, Gips, Holz, Silberfolie, Kupferrohre und Neonröhren werden vom Künstler zu einem auratischen skulpturalen Gebilde komponiert. Dabei spielt er gezielt mit den Effekten des gewählten Materials. 

2009 erhielt Pfeifle den Förderpreises für Bildende Kunst des Landes NRW. Zu diesem Anlass kreierte er die installative Skulptur »Rotemartha« (2010). Durch mehrere Räume und Türen spannte der Künstler im Aachener Kornelimünster rote glänzende Lackstreifen, die angesichts ihrer Farbigkeit und materiellen Fülle eine spannungsreiche temporäre Beziehung mit dem Gebäude eingingen.

Aufgrund der essenziellen und konstitutionellen Beziehung zwischen Material und Raum entstehen Pfeifles Arbeiten meist in situ. Das eigens für die Ausstellung »Resonanzen« im ZKM entwickelte Werk »YEEHA«, eine Schichtung aus 100 qm weißem Flachfilz, lässt die Museumswand selbst zur skulpturalen Setzung werden. Die über die obere Kante einer freistehenden Seitenwand drapierten Stoffschichten kommunizieren mit der umgebenden Raumarchitektur. Die Teppichschichtung ist sowohl im Ausstellungsraum als auch von angrenzenden Museumsräumen sichtbar, sodass für die BetrachterInnen ein Übergang zwischen dem Innen und dem Außen hergestellt wird. 

Die Sehgewohnheiten und die damit einhergehenden Erwartungen der BetrachterInnen werden oftmals von Pfeifle mit einem Augenzwinkern inszeniert. Die installative Außenskulptur »barc« (2016) vor dem Kunsthaus NRW, ein monumentaler metallischer Würfel, der aus 25 Kuben zusammen gesetzt ist, vereint die Erscheinung metallischer Schwere mit amorpher Leichtigkeit: Das Äußere der Kuben ist mit Spiegelfolie verkleidet, der innere Korpus hingegen aus Styropor gebildet. Die einzelnen Würfel sind beweglich, sodass die BetrachterInnen diesen Materialtrug selbst erfahren können – die Skulptur lässt sich zu neuen Gebilden dekonstruieren bzw. transformieren. 

Trotz der Diversität entfalten Pfeifles Werke sowohl im Innen- als auch im Außenraum, farbig bis leuchtend, ihre dezidiert minimalistisch-ästhetische Wirkung. Immer nimmt der Künstler die räumlichen Gegebenheiten oder fremde künstlerischen Setzungen in seinen Arbeiten mit auf, sodass ein dynamisches Geflecht an Diskursen entsteht.

Der in Stuttgart geborene Künstler ist mit einer Vielzahl an Gruppen- und Einzelausstellungen vertreten, die vor allem in Deutschland, aber auch zunehmend international gezeigt werden. Zudem wurde seine Arbeit mit vielen Stipendien ausgezeichnet, u.a. von der Villa Romana, dem Kunstfonds Bonn und der Kunststiftung Baden-Württemberg sowie der Art Foundation Mallorca. 

Grasping, experiencing and appropriating space: using ordinary building materials, Martin Pfeifle creates spatial interventions that take up the geometric structure of the space with a reduced aesthetic and simultaneously transform it. 

As a master student of Prof. Hubert Kiecol at the Düsseldorf Art Academy, the use of basic architectural forms characterises his work, which is also particularly influenced by the special physical materiality of the materials used. The artist combines industrial products such as cardboard, plaster, wood, silver foil, copper pipes and neon tubes to create sculptural structures with an aura. In doing so, he deliberately plays with the effects of the chosen material. 

In 2009, Pfeifle received the North Rhine-Westphalia State Prize for the Visual Arts. He created the installative sculpture ‘Rotemartha’ (2010) for this occasion. The artist stretched shiny red strips of varnish through several rooms and doors in Aachen's Kornelimünster, which, in view of their colourfulness and material abundance, entered into an exciting temporary relationship with the building.

Due to the essential and constitutional relationship between material and space, Pfeifle's works are usually created in situ. The work ‘YEEHA’, developed especially for the ‘Resonanzen’ exhibition at ZKM, a layering of 100 square metres of white flat felt, allows the museum wall itself to become a sculptural setting. The layers of material draped over the upper edge of a free-standing side wall communicate with the surrounding architecture. The carpet layering is visible both in the exhibition space and from the adjacent museum spaces, creating a transition between inside and outside for the viewer. 

The viewing habits and the associated expectations of the viewer are often staged by Pfeifle with a wink. The outdoor installation sculpture barc (2016) in front of the Kunsthaus NRW, a monumental metallic cube composed of 25 smaller cubes, combines the appearance of metallic heaviness with amorphous lightness: the exterior of the cubes is covered with reflective foil, while the inner corpus is made of polystyrene. The individual cubes are movable, allowing viewers to experience this material illusion for themselves – the sculpture can be deconstructed or transformed into new structures. 

Despite their diversity, Pfeifle's works, both in interior and exterior spaces, develop their decidedly minimalist aesthetic effect in colours that range from bright to luminous. The artist always incorporates the spatial conditions or extraneous artistic settings into his works, creating a dynamic mesh of discourses.

The Stuttgart-born artist has been represented in a large number of group and solo exhibitions, mainly in Germany but also increasingly internationally. In addition, his work has been honoured with many scholarships, including from Villa Romana, Kunstfonds Bonn, and Kunststiftung Baden-Württemberg, as well as Art Foundation Mallorca.